Die Privatisierung des fusionierten Uniklinikums Gießen-Marburg hatte 2006 weit über Hessen hinweg für Aufsehen gesorgt. Wie befürchtet verschlechterten sich nicht nur die medizinische Versorgung drastisch, sondern auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Der zuständige Gewerkschaftssekretär Fabian Rehm stellt hier eine Petition des Aktionsbündnis Gemeinsam für unser Klinikum vor, die die Privatisierung zurückdrehen und das UKGM in öffentliches Eigentum überführen will.
Gastbeitrag von Fabian Dzewas-Rehm
Eine Krankenhausprivatisierung nicht nur zurückdrehen, sondern das Klinikum gleich sozialisieren und zu einem gemeinwohlorientierten Krankenhaus machen? Das haben sich die Aktiven des „Aktionsbündnis Gemeinsam für unser Klinikum“ zum Ziel gemacht. Gebraucht wird hierfür öffentlicher Druck, deshalb haben wir gemeinsam mit mehr als hundert Erstunterzeichner*innen eine Petition an den Hessischen Landtag für die Rücküberführung des Universitätsklinikum Gießen und Marburg auf den Weg gebracht und fordern diesen zur Sozialisierung mittels des Grundgesetzes auf.
Anfang der 2000er war Hessen Musterland des Neoliberalismus. Die Regierung Koch privatisierte, versuchte soziale Infrastruktur kaputtzusparen und griff frontal die Errungenschaften der Arbeiterinnen und Arbeiter an. Ob die Einführung von Studiengebühren oder der Austritt aus der Tarifgemeinschaft der Länder, die Politik der CDU rief massiven Widerstand hervor, ließ sich aber durchsetzen.
Nicht verhindert werden konnte die bundesweit einmalige Privatisierung eines Universitätsklinikums: Die zuvor fusionierten Universitätskliniken Gießen und Marburg wurden mit Wirkung zum 1.1.2007 an die Rhön AG verkauft. Dieser Vorgang geht über den „normalen“ Verkauf eines Klinikums hinaus: In einem Uniklinikum erhält ein privater Konzern direkten Einfluss auf Forschung und Lehre sowie die Ausbildung angehender Ärztinnen und Ärzte. Zudem erfüllt das Uniklinikum mit dem Betrieb von Ausbildungsstätten verschiedenster medizinischer und therapeutischer Berufe eine gesellschaftliche Aufgabe.
In den folgenden Jahren haben sich viele Befürchtungen bewahrheitet, gleichzeitig konnte mittels massivem Widerstand die schlimmsten Androhungen abgewendet werden: Weder massive Ausgliederungen noch der Abbau von 500 Stellen noch die Abkehr von den Tarifverträgen konnte gegen die Beschäftigten und ihre Gewerkschaft durchgesetzt werden.
Nicht verhindern konnten wir aber den alltäglichen Wahnsinn in den Kliniken: Personaleinsparungen, Pflegenotstand und eine von BWLern inspirierte Medizin. Vorteile hat dieser Wahn für einige wenige, die Mehrheit in der Region bezahlt hierfür einen hohen Preis. Und genau diese Mehrheit will diese neoliberale Zurichtung unserer Kliniken nicht mehr. Davon sind wir überzeugt. Dieser Mehrheit wollen wir mit der Petition eine Stimme geben, eine Stimme, die über Mittelhessen hinaus gehört wird und andere Initiativen gegen private Klinikbetreiber inspiriert.
Unser Vorschlag ist es, unsere Kliniken wieder zu öffentlichen Kliniken zu machen. Freiwillig werden uns die Konzerne aber die Kliniken nicht zurückgeben. Deshalb ist es unser Ziel, das UKGM per Gesetz zu vergesellschaften. Es muss gesetzlich festgelegt werden, dass die zu gründende Anstalt des öffentlichen Rechts nicht mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, sondern eine Bedürfnisbefriedigung im Sinne der Allgemeinheit in Form der Gewährleistung der Gesundheitsvorsorge bezweckt wird.
Ein gemeinsam von der Gewerkschaft ver.di, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zu den Möglichkeiten der Rücküberführung des Uniklinikums in öffentliches Eigentum ist hier zu finden: Klinikum zurück in die öffentliche Hand? Die Petition kann unabhängig von Wohnort und Alter hier gezeichnet werden. Holen wir uns unsere Kliniken zurück!
Fabian Dzewas-Rehm ist Gewerkschaftssekretär bei ver.di und zuständig für das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM)