von Ulrike Eifler
Was wäre gewesen, wenn sich die deutsche Geschichte in einem winzigen Detail ganz anders entwickelt hätte? Wenn Rosa Luxemburg nicht ermordet worden wäre? Diese Frage packt Christian von Dirfurth in einen Kontext aus historischer Fiktion, ideologischer Argumentation und politischer Kritik.
In den bitterkalten Januartagen des Jahres 1919 werden Luxemburg und Liebknecht zwar von reaktionären Freikorps entführt. Doch im Unterschied zum historischen Original werden sie im Buch nicht ermordet, sondern von revolutionären Obleuten befreit. Und so gerät der junge Kommunist Sebastian Zacharias ins Zentrum revolutionärer Entwicklungen. Auf Geheiß von Lenin schickt Dserschinski ihn nach Berlin. Er soll Rosa Luxemburg beschützen und überdies Ereignisse nach Moskau berichten, denn am Verlauf der Revolution in Deutschland hängt auch das Schicksal des unterentwickelten jungen Sowjetrusslands. Vor der Kulisse der Novemberrevolution, unter dem Eindruck ihrer konterrevolutionären Kräfte, im Fahrwasser politischer Machtkämpfe zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten und schließlich vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen mit dem Weißen Terror in Russland, entspinnt von Ditfurth einen ideologischen Diskurs über die Legitimität von Gewalt. Die politische Auseinandersetzung zwischen Lenin und Luxemburg über die Widersprüche der russischen Revolution dient ihm dabei als literarischen Hilfslinie. Eines der intelligentesten Bücher über eine der wichtigsten Fragen der Arbeiterbewegung, literarisch verpackt und mitreißend geschrieben. Ein Geheimtipp für alle, die sich gern mit der Geschichte der 20er Jahre auseinandersetzen.
Ulrike Eifler ist Bundessprecherin der BAG Betrieb & Gewerkschaft