Jan Korte fragt in „Die Verantwortung der Linken“ nach den Gründen für die autoritäre Entwicklung unserer Gesellschaft und versucht der LINKEN eine Rolle in diesen Entwicklungen zuzuschreiben. Das Buch ist eine Hommage an die Klasse der Lohnabhängigen, an diejenigen mit den „nur kleinen Träumen“, dem Erhalt der Kleingartenanlage oder bezahlbaren Zoopreisen. Diejenigen, die nach der Agenda 2010 politisch heimatlos wurden und die sich in den letzten zehn Jahren auch von den LINKEN abwendeten.
Die LINKE hatte 2009 mit fast zwölf Prozent ihr bis dahin bestes Ergebnis erreicht. „Damals hatten wir Spitzenwerte bei Arbeitern und Arbeitslosen. Heute werden wir von jenen kaum noch gewählt. 2009 gelang es uns, auch jene zu erreichen, die schon damals bestimmt einige Ressentiments verinnerlicht hatten, die unsere Positionen zur Einwanderung bestimmt nicht teilten. Aber es gelang uns, diese Menschen zu einer Abwägung zu bringen: Auch wenn ich als Wähler viele liberale Positionen der Linken nicht teile, so ist es dennoch die Partei, die am meisten mit meinem Leben zu tun hat“, schreibt Korte. Die Kausalität einer angeblich AfD-wählenden Unterschicht ist Korte zu einfach und ihre moralische Bewertung habituelle Erhebung. Doch er stellt fest, dass die wachsende Entfremdung von politischen Parteien und Institutionen auch vor der LINKEN nicht Halt macht.
Korte plädiert dafür, dass DIE LINKE ihren Blick für die Brüche im Leben der Menschen schärfen, ein Gespür für ihre ökonomische Verletzlichkeit entwickeln müsse, um die politischen Verschiebungen gerade in Ostdeutschland zu verstehen. Er wirft den Blick auf die geschlossenen Jugendclubs und die eingestellten Busverbindungen und sagt: „Es kotzt die Menschen an (…) Denn gleichzeitig erleben (sie), was alles ganz schnell klappen kann, wenn die Regierung nur will. Bei den Bankenrettungen, beim Dieselskandal oder bei der Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung“. Mit dem Appell „Niemals herabblicken!“ fordert Korte seine Partei auf, sich auf diejenigen zu konzentrieren, die niedergedrückt werden, die Kritik an ihren Arbeits- und Lebensverhältnissen zuzuspitzen und das Ausspielen gesellschaftlicher Gruppen nicht zuzulassen.
Jan Korte: Die Verantwortung der Linken. Das Buch ist im Verbrecher-Verlag erschienen und für 16,00 Euro erhältlich.