Berufskrankheit Coronavirus

22. März 2021  ARBEITSSCHUTZ, AUS DEM BUNDESTAG

Vier von zehn angezeigte Fälle von Corona als Berufskrankheiten werden nicht anerkannt. BuzzFeed titelt Coronavirus: Erzieherinnen häufig betroffen, aber selten entschädigt und beruft sich dabei auf Daten, die Jutta Krellmann (MdB DIE LINKE) angefragt hat. Viele betroffene Beschäftigte wissen nichts von ihrem Recht. Grund ist aber auch, dass Arbeitgeber ihrer Anzeigepflicht kaum nachkommen, denn die Beiträge zur Unfallversicherung zahlen sie allein. Wohingegen die Kosten der Krankenkassen auf die Allgemeinheit umverteilt werden.

Zwei Drittel der angezeigten Fälle und sieben von zehn Anerkennungen entfallen auf die Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege (BGW). Außer bei der BGW, der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) und den Unfallkassen der Länder liegt die Anerkennungsquote niedriger als 15 Prozent.

Zwei von drei gemeldeten Corona-Arbeitsunfällen werden nicht anerkennt: Die meisten gemeldeten Corona-Arbeitsunfälle entfielen auf die Unfallkassen der Länder, die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe und die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG). Es wurden um mehr als ein Drittel weniger Corona-Arbeitsunfälle gemeldet als Corona-Berufskrankheiten angezeigt. Die Anerkennungsquote von Corona-Arbeitsunfällen ist niedriger als die von Corona-Berufskrankheiten.

Die Bundesregierung erklärt, dass die Berufskrankheit (BK) Nr. 3101 „Infektionskrankheiten“ Erkrankungen durch Covid-19 einschließt. Diese BK setze voraus, dass der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße ausgesetzt sei. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales habe geprüft, ob nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand weitere Tätigkeiten außerhalb der in der BK Nr. 3101 genannten ein vergleichbar hohes Infektionsrisiko aufwiesen. Zum jetzigen Zeitpunkt lasse sich keine anderen Tätigkeiten identifizieren, für die sich wissenschaftlich belastbar ein vergleichbar hohes Covid-19-Erkrankungsrisiko zeige. Gefragt wurde vor dem Hintergrund von Daten der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), wonach Beschäftigte in Erziehungsberufen durchschnittlich die höchste Anzahl an Arbeitsunfähigkeitstagen aufgrund einer Corona-Diagnose aufweisen

Befragt danach, was die Bundesregierung unternimmt, um Beschäftigte, die sich bei oder auf dem Weg zur Arbeit mit Corona infizieren, über ihr Recht auf Entschädigung durch die gesetzliche Unfallversicherung aufzuklären, verweist diese auf Internet-Seiten, auf denen sich Betroffen informieren können. Die Frage wurde gestellt vor dem Hintergrund der Aussagen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) wonach es wichtig sei, Corona-Infektionen bei dem zuständigen Unfallversicherungsträger zu melden, da die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten der anstehenden Heilbehandlung sowie der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation übernehme, bei geminderter Erwerbsfähigkeit, beispielsweise durch schwere Verläufe oder Spätfolgen, ggf. auch eine Rente bezahle – im Todesfall auch für Hinterbliebene, sowie die Leistungen zur Rehabilitation bei der gesetzlichen Unfallversicherung umfangreicher als die der gesetzlichen Krankenversicherung, seien, insbesondere in Hinblick auf finanzielle Entschädigungsleistungen.

Dazu Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

Riskiert ein Arbeitgeber die Gesundheit seiner Beschäftigten, muss er für die Folgekosten aufkommen. Doch viele Beschäftigte, die an Corona erkranken werden abgeblockt, damit die Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung niedrig bleiben. Denn diese zahlt der Arbeitgeber allein. Dadurch sparen sich Arbeitgeber unter anderem das Geld für Leistungen in Form von Therapien, Behandlungen und Hilfsmaßnahmen für die Wiedereingliederung in den Beruf. Gerade weil viele Corona-Erkrankte unter krassen Langzeitfolgen leiden, brauchen sie die beste Behandlung. Deshalb muss Corona für alle Berufsgruppen als Berufskrankheit anerkannt werden. Die Begrenzung auf nur einige wenige Berufsgruppen muss aufgehoben werden. Und es muss Schluss sein, die Kosten der Pandemie den gesetzlichen Krankenkassen und damit der Allgemeinheit aufzudrücken. Die Bundesregierung hat dafür zu sorgen, dass alle Betroffene ihre Rechte kennen. Deshalb brauchen wir unabhängige Beratungsstellen für Betroffene von Berufskrankheiten in allen Bundesländern, wie es sie in Hamburg, Bremen und Berlin schon gibt.

Antwort der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen Nr. 243 bis 246 von Jutta Krellmann findet ihr hier:

Eine Auswertung der Antwort und die Ergebnisse im Einzelnen hier: